Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Daten sind bekannt, für uns ist eindeutig klar:
Die finanzielle Lage unserer Stadt wird immer prekärer und die kommunale Selbstverwaltung ist in Auflösung begriffen. Dies zeigt sich im Haushaltsplan und wird auch in der Stadt immer deutlicher. Dem Stadtrat selbst bleibt keinerlei Handlungsspielraum mehr.
Trotz der Einführung des Entschuldungsfonds und der Erhöhung der finanzkraftunabhängigen Schlüsselzuweisungen C 1 und C 2 setzt sich der finanzielle Absturz in unserer Stadt unbegrenzt weiter fort. Diese Maßnahmen mindern die Situation ein wenig, aber die wichtige dauerhafte Entschuldung und Lösung ist nicht in Sicht.
Der Stadtrat kann keine eigenständigen Entscheidungen mehr treffen. Ein zutreffendes Beispiel ist die Fortführung des Projektes KÜM. Es handelt sich um ein äußerst erfolgreiches Programm, das Schülern und Schülerinnen hilft nach der Schule eine Ausbildung zu beginnen. Alle Fraktionen haben sich öffentlich für die Fortführung ausgesprochen, drei Fraktionen beantragen heute die Fortführung ohne zu sagen woher das Geld kommen soll. Zusätzlich haben die Grünen beantragt Mittel im Haushalt einzustellen und ehrlicherweise dies über Schulden zu finanzieren. Hier ist der Einspruch der ADD zu erwarten. Wie soll Politik in Ludwigshafen so noch funktionieren? Wir sind schon sehr verwundert, dass Sie, Frau Oberbürgermeisterin, solche Anträge zulassen, bei denen jeglicher Deckungsvorschlag fehlt! Wir unterstützen die Fortführung des Projektes, indem wir dies ebenfalls beantragen. Auch stehen wir hierzu, dass notfalls eine Finanzierung über Kredit erfolgen muss, da durch das erfolgreiche Programm entsprechende Folgekosten im Sozialbereich eingespart werden.
Offensichtlich keine Probleme sieht die ADD als Landesbehörde beim Ausbauprogramm der Kindertagesstätten. Hier schießt das Land 5,4 Millionen zu, die Stadt Ludwigshafen muss über Schulden mehr als 72 Millionen Euro finanzieren. Es bleibt uns unbegreiflich wie ein SPD Minister aus Mainz in Ludwigshafen für die erfolgreiche Kindergartenpolitik seiner Regierung gefeiert wird. Tatsächlich wird dieser Erfolg in erster Linie durch Schulden unserer Stadt bezahlt. Der Gerechtigkeit zuliebe muss natürlich noch hinzugefügt werden, dass auch der Bund sich lediglich mit 4,8 Millionen beteiligt hat. Die vollmundigen Ankündigungen sowohl der Landes- als auch der Bundespolitiker über den Ausbau der Kindertagesstätten wird fast vollständig von unserer Kommune über Schulden bezahlt! Um es aber klar zu sagen: Wir sind natürlich für den Ausbau der Kindertagesstätten. Gerade in unserer Stadt, wo über 60 Prozent der Neugeborenen einen Migrationshintergrund haben, müssen hier verstärkt Anstrengungen unternommen werden. Wir treten hier schon seit Jahren für eine Kindergartenpflicht ab dem 3.Lebensjahr ein, gerade um die Integration zu unterstützen. Sehr sinnvoll wäre auch die Umwandlung der Kindergärten in Vorschulen. Die „bayerische Herdprämie“, das sogenannte Betreuungsgeld, halten wir gerade mit Blick auf Kinder mit Migrationshintergrund für kontraproduktiv – um nicht zu sagen für schädlich.
Die aktuelle Bundesregierung legt viel Wert auf die schwarze Null im kommenden Haushalt. Als Ludwigshafener fühlt man sich da verraten, da die Sozialgesetzbücher Bundesgesetze sind, und auf Kosten unserer Stadt hier für eine angeblich erfolgreiche Politik geworben wird. Dringend muss hier das Konnexitätsprinzip eingeführt werden, das wir schon lange
fordern, „Wer bestellt, der bezahlt“, und zwar vollständig!! Dies ist ja eine langjährige Forderung der Freien Wähler auf Landesebene, die jetzt quasi Verfassungsrang hat. Nur hält sich weder das Land noch der Bund daran.
In Bezug auf die finanzielle Lage ist selbst die vorgesehene Erhöhung der Gewerbesteuer nicht von entscheidender Bedeutung, aber sie verzögert die weitere Schuldenaufnahme um ca 12 Mio Euro. Die Höhe der Gewerbesteuer ist ein hier im Stadtrat schon öfters heiß diskutiertes Thema. Ich erinnere mich noch an die Absenkung des Hebesatzes von 390 auf 360 Punkte, obwohl der finanzielle Absturz von Ludwigshafen bereits begonnen hatte. Die Verwaltungsspitze begründete dies damals ausschließlich damit, dass es gelungen sei, dass die Gewinne der deutschen BASF Töchter weiter an den Konzern abgeführt und damit hier versteuert würden. Auf jeden Fall würde LU von der „freiwilligen Organschaft“ der BASF trotz Absenkung des Steuerhebesatzes profitieren, so die Befürworter der Absenkung damals – SPD und CDU unisono. Wir waren damals gegen die Absenkung, weil sich ja schon seit 2002, dem Jahr des Amtsantritts von Fr. OB Lohse abzeichnete, dass LU in einer Verschuldungsspirale steckt, was u.a. zu Grundsteuererhöhungen „zwang“. Die Wiederanhebung des Gewerbesteuerhebesatzes blieb aber permanentes Thema. SPD und CDU lehnten dies stets mit Hinweis auf jene Vereinbarung ab. So äußerte sich damals Fraktionsvorsitzender Küppers von der SPD, gleichzeitig auch BASF-Aufsichtsrat: „Dies ist ein gefährliches Spiel, Großunternehmen hätten legale Gestaltungsmöglichkeiten.“ Und Herr Jöckel von der CDU ergänzte, „Zudem habe die Stadt von der Steuervereinbarung mit der Anilin über die freiwillige Organschaft stark profitiert.“ Dass wir auf das Wohlwollen der BASF angewiesen sind, war damals auch die ebenso nüchterne wie realistische Einschätzung unserer FWG-Fraktion.
Zwischenzeitlich erfolgte dann auf Initiative der „Großen Koalition“ eine Anhebung von 15 Prozentpunkten auf 375 %, wobei schon kaum noch die Rede war von dieser „freiwilligen Organschaft“ bei der BASF. Nun macht man mit 30 Punkten einen gewaltigen Sprung über die damaligen 390 hinaus. Kein Wort zu hören bzw. zu lesen von einer Gefährdung der freiwilligen Organschaft bzw. von der dort sicher auch heute noch gültigen Vereinbarung zwischen BASF und Stadt. Wie sieht es denn aktuell damit aus, muss man doch fragen. Es wäre doch interessant, mal von der Stadtspitze zu erfahren, wie es sich damit verhält. Sind etwa die Gestaltungsmöglichkeiten der BASF, wie es Küppers 2008 nannte, nicht mehr so gegeben?? Das wäre was ganz Neues!!
Wir hatten damals Recht, als wir die Absenkung ablehnten. Die
Aufsichtsbehörde hätte dies verhindern müssen. Unser Schuldenstand wäre somit nicht so schnell angewachsen und eine so drastische Anhebung des Hebesatzes über die 400er-Grenze wäre vielleicht nicht notwendig geworden. Die jetzige Situation, der Schuldenberg von fast 1,3 Milliarden Euro, zwingt uns heute förmlich die Zustimmung zur Erhöhung auf 415 Punkte auf. Eine Erhöhung der Grundsteuer, wie sie in der Rheinpfalz angekündigt wurde, lehnen wir aber ab.
Allein schon durch die Altersentwicklung des Personals müssen Maßnahmen wie jetzt die neu angekündigte Überprüfung der gesamten Verwaltung im Rahmen des Projektes „Neue Ressourcensteuerung“ erfolgen. Besonderen Augenmerk muss unseres Erachtens auf die Entwicklung des Internets gelegt werden. Laut Haushaltsplan ist Geld für die entsprechende Entwicklung des E-Gov-Gesetzes eingestellt.
Die Personalplanung sollte dabei langfristig so angelegt sein, dass einfache, routinemäßige Arbeiten durch bürgernahe Internetpräsenz ersetzt werden können. So hat das Personal mehr Zeit für anspruchsvollere Arbeiten. Darüber hinaus gewährt auch diese neue Öffnung nach außen deutlich mehr Transparenz. Diese Öffnung muss aber auch den Anforderungen und Regeln des „OPEN DATA“ entsprechen. Dies bedeutet auch die vermehrte Bereitstellung von vielfältigen Informationen aus dem gesamten Spektrum der städtischen Aufgaben und die Herausgabe von allen Formularen als elektronisch ausfüllbare Datei mit den entsprechenden Erläuterungen. Weiterhin sollte, wo möglich, die Entgegennahme der ausgefüllten rechtsverbindlichen Anträge auf elektronischem Weg möglich sein. In diesem Bereich bleiben in Ludwigshafen viele Möglichkeiten ungenutzt.
Auch die Möglichkeit der Online-Zulassung von KFZ würde eine Entlastung mit sich bringen und Personalressourcen in der Verwaltung freisetzen. In der Stadt Ingolstadt funktioniert dies hervorragend. Zurzeit sind genau 2 Bebauungspläne in das Internet gestellt. Für alle anderen BBPläne gilt: „Wer wissen möchte, ob sich ein Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans befindet, wendet sich an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Bereich Stadtplanung.“
Verweisen möchte ich hier nochmals auf die Gemeinden Andernach und Gerolstein, die schon seit einiger Zeit einen Großteil der Bauleitplanung im Rahmen „OPEN DATA“ zur Verfügung stellen. So sind auf den entsprechenden Seiten von Andernach ca 150 und bei Gerolstein ca 140 Bebauungspläne zu finden. Die Haltung, mit dem die CDU unseren Antrag hierzu abgelehnt hat, zeigt die Verfassung der großen Koalition deutlich. Während ein Teil noch immer in Bedenken verharrt und damit bereits zum 2ten Mal Bundeszuschüsse in Höhe von 60 000 Euro nicht in Anspruch nimmt, scheut der andere die Einführung mit Hinweis auf Personalfragen.
Mutiges Voranschreiten in eine digitale Gesellschaft sieht anders aus!!
Im Bereich der Verkehrsüberwachung sollen im Vergleich zu 2014 in den nächsten Jahren über 330.000 Euro mehr Einnahmen erzielt werden. Dies bedeutet, dass es über 20 000 Verwarnungen und Bußgelder bei der Verkehrsüberwachung mehr geben soll. Hier sollte der Bürger aber nicht den Eindruck erhalten, dass nur aufgrund der katastrophalen Haushaltslage abkassiert wird, sondern es sollte gezielt an Unfallschwerpunkten oder in gefährdeten Bereichen kontrolliert und gemaßregelt werden.
Beim Theater gibt es durch den Wechsel des Intendanten einen Neuanfang. Wir hoffen, dass hier zukünftig ein Programm mit Schwerpunkt Tanz- und Tourneetheater durch den neuen Intendanten aufgebaut wird, das zu mehr Resonanz führt und damit auch zu guten finanziellen Erfolgen und die Budgetvorgaben eingehalten werden.
Die Innenstadtumgestaltung hat bisher zu keinem Fortschritt geführt. Seit langem vertreten wir hier die Auffassung, dass in der Bismarckstraße zwischen Rathaus-Center und Stadtbibliothek eine Umorientierung erfolgen muss in Richtung Wohnung und Dienstleistung. Sollten in absehbarer Zeit keine Ankermieter im ehemaligen Kaufhofgebäude oder der früheren H & M Filiale gefunden werden, muss sich die Stadt auch angesichts des bevorstehenden Teilabriss des Rathaus-Centers von der Vorstellung einer Einkaufsstraße in diesem Bereich verabschieden.
Wir unterstützen wie alle Fraktionen die Weiterführung und den Erhalt der Schulsozialarbeit. Im entsprechenden Stadtratsbeschluss hieß es damals, dass die Kosten von Bund und Land übernommen werden sollen, und die Stadt vorfinanziert. Doch auch hier hat sich nichts getan und die Stadt bleibt wohl auf allen Kosten sitzen.
Erfreulich bei den Investitionen ist der Beginn der Sanierung der Umkleide- und Sanitärräume im Willersinnbad. Doch erfolgen diese wegen der Finanzknappheit viel zu spät, und es handelt sich nicht um eine nachhaltige Politik. So rechnet selbst die Verwaltung nicht mit einer Steigerung der Besucherzahlen und die Abhängigkeit von der Witterung wirkt sich stark auf die Besucherzahl und damit auch auf die Rentabilität aus. Moderne Bäder sind Kombibäder mit Allwetternutzung und einem Saunabereich, wodurch die Zuschüsse durch höhere Einnahmen erheblich gesenkt werden können, und den Bürgern mehr Angebote zur Verfügung stehen.
Keinerlei weitere Investitionen sind im Bereich der Eberthalle vorgesehen, obwohl nach Aussage der Verwaltung ein Sanierungsbedarf von 13 Millionen Euro besteht. Es scheint kein Konzept zu geben, und auch eine Förderung ist noch nicht geprüft worden. Nachdem markante Gebäude wie das Engelhorn-Hochhaus der BASF, die Tortenschachtel und in den nächsten Jahren zumindest ein großer Teil des Rathaus-Centers abgerissen werden, treten wir dafür ein, die Eberthalle auf jeden Fall zu erhalten und dafür ein tragfähiges Konzept zu erstellen.
Interessant auch der Hinweis im Haushaltsplan beim Südweststadion über die ev. Durchführung von Großveranstaltungen. Dabei ist das Stadion in einem Zustand, bei dem nur knapp 6.000 Besucher erlaubt sind!
Ein weiteres deutlich sichtbares Zeichen der Finanzschwäche unserer Stadt ist der Zustand der Grünflächen. Eine geordnete Pflege erfolgt nicht mehr! Laut Angaben des Dezernenten sind jetzt jährlich 2,5 Millionen Euro für die Grünpflege eingeplant, wir sind gespannt, ob sich die Situation damit verbessern lässt.
Noch eine kurze Bemerkung zum ÖPNV: Auch hier setzt sich die gravierende Benachteiligung unserer Stadt fort! Während in anderen Städten neue Straßenbahnlinien gebaut werden, können wir nur unter größten Mühen viel zu spät die Linie 10 endlich sanieren. Neubauprojekte in Baden-Württemberg wie sie in Mannheim und Heidelberg angedacht werden, können ja noch mit der unterschiedlichen Regelung der Bundesländer erklärt werden. Die Stadt Mainz baut jedoch ohne eigenes Geld auszugeben für 44 Millionen Euro eine neue Mainzelbahn!! Ludwigshafen als Wirtschaftszentrum des Landes muss demnächst die Hochstraße Nord sanieren, vorherige Investitionen zur Verbesserung des ÖPNVs wären schon im Blick darauf unbedingt notwendig! Ganz offensichtlich funktioniert die Lobby von Ludwigshafen weder in Mainz noch in Berlin! Mit Spannung erwarten wir auch das Ergebnis des Gesprächs mit unserem Nachbar Frankenthal bezüglich der dringlichst erforderlichen Busverbindung Pfingstweide zum S-Bahn-Halt in Frankenthal.
Hohe Aufwendungen sind für die Unterbringung und Betreuung der Asylbewerber geplant. Wir erwarten, dass entsprechende Hilfen durch Bund und Land erfolgen. Eigentlich muss eine gesamteuropäische Lösung sowohl in Bezug auf die Verteilung der Flüchtlinge als auch der Kosten erfolgen. Nach wie vor befürchten wir erhebliche Nachteile durch das Containerdorf. Als schlimm sehen wir es auch an, dass laut Aussage im Hauptausschuss die schulische Betreuung und Förderung der Kinder an Lehrkräftemangel leidet. Dies muss auf jeden Fall verhindert werden, Asylbewerber brauchen insbesondere zur Integration dringend diese Betreuung.
Es hat in den vergangen Jahren viele Versuche des Stadtrates gegeben die Finanzströme zwischen Bund, Land und Kommunen neu zu ordnen – alle erfolglos!
Zurzeit läuft eine Musterklage der Stadt Pirmasens wegen der Finanzierung der Kommunen durch das Land. Wir haben bereits vor einiger Zeit im Hauptausschuss gefordert, dass auch Ludwigshafen klagt. Bei der Vorstellung des Haushaltes in unserer Fraktion, haben Sie Herr Feid, zur Vorsicht gemahnt, da es sogar Verschlechterungen geben könnte, weil von dieser Neuordnung keine Stadt so stark profitiert hätte wie Ludwigshafen. Wenn wir dies richtig verstanden haben, könnte der Ausgang des Gerichtsverfahrens auch negative Auswirkungen für Ludwigshafen haben. Daher sollte das Vorgehen der Stadt gut überlegt werden.
Ein weiteres sehr großes Risiko ist auch die Zinsentwicklung. Sollten die historisch niedrigen Zinsen anstiegen, steigt auch die Verschuldung unserer Stadt sofort dauerhaft enorm an.
Ludwigshafen steht wirtschaftlich hervorragen da, die Stadt hat eine funktionierende Wirtschaftsstruktur, hat hervorragende Arbeitsmöglichkeiten und erwirtschaftet auch hohe Steuereinnahmen. Auf der anderen Seite steht ein strukturelles Defizit von über 135 Millionen Euro. Andererseits müssen wir allein etwa 46 Millionen Euro an Gewerbesteuer- und Finanzausgleichsumlage abführen. Aufgrund dieser Situation müssen sich unbedingt die Ludwigshafener Landes- und Bundestagsabgeordneten ihrer Verantwortung bewusst werden und sich massiv für eine Neuordnung zu Gunsten unserer Stadt einsetzen!
Eine steigende Verschuldung in dem Ausmaß, wie sie sich seit nunmehr 12 Jahren im städtischen Haushalt widerspiegelt, ist nicht generationengerecht und aus all diesen Gründen lehnen wir den Haushalt ab!
Anträge zur Haushaltssitzung am 15.12.14 finden Sie hier! (LINK)
FWG-Stadtratsfraktion
Lesen Sie hier unseren Fakten-Check zu den Reaktionen auf unsere Haushaltsrede!